PTBS Der unsichtbare Krieg

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Der Sturm im Inneren

Es gibt Dinge, die du nicht siehst, die sich aber anfühlen, als würden sie dein Leben Stück für Stück auseinanderreißen. PTBS ist so ein Ding. Ein unsichtbarer Sturm, der immer dann losbricht, wenn du es am wenigsten erwartest. Du sitzt an einem sonnigen Tag auf einer Parkbank, alles scheint friedlich, und plötzlich spürst du diesen Sog, diese unsichtbare Macht, die dich zurückzieht – in eine Vergangenheit, die du verzweifelt hinter dir lassen wolltest.

Für mich begann dieser Krieg früh. Ich war neun Jahre alt, als ich das erste Mal mit etwas konfrontiert wurde, das mein junges Herz nicht begreifen konnte. Es war ein Tag, der mich nicht nur meiner Kindheit beraubte, sondern der auch eine unheilvolle Saat in meinem Inneren pflanzte. Doch damals wusste ich noch nicht, was diese Dunkelheit bedeutete, die in mir wuchs. Ich wusste nur, dass sie mich verfolgte – in meinen Träumen, in stillen Momenten, sogar inmitten von Menschen. PTBS wurde ein Teil von mir, ein unsichtbarer Begleiter, den ich erst später als solchen erkannte.

Der Anfang der Dunkelheit: Meine Geschichte

Ich war ein Kind, das sich immer nach Sicherheit sehnte, doch die Welt um mich herum bot keine. Meine Eltern kämpften nicht nur mit ihren Dämonen, sondern trugen sie in unser Zuhause. Alkohol, Gewalt, Schreie – das war meine Realität. Aber es war dieser eine Tag, der sich unauslöschlich in meine Seele brannte. Ich sah, wie meine Mutter ihren damaligen Ehemann mit einem Messer angriff. Das Blut, die Schreie, die pure Verzweiflung – es war, als hätte jemand die Zeit angehalten, mich in diesen Moment gezwungen und dann den Schlüssel weggeworfen.

Ich weiß nicht, wie ich die Kraft fand, ihm das Leben zu retten. Aber ich erinnere mich an den Druck meiner kleinen Hände auf seiner Brust, an mein eigenes Herz, das wie ein Vorschlaghammer schlug. Er überlebte. Doch ich, dieses kleine, verängstigte Kind, begann innerlich zu zerbrechen. Ich war nicht mehr der Junge, der ich vorher war.

Das lange Schweigen: Die Jahre danach

Nach diesem Tag folgte ein endloser Nebel. Ich sprach nicht darüber. Wie hätte ich es auch erklären können? Ich glaubte, wenn ich es niemandem erzähle, würde es einfach verschwinden. Aber die Dunkelheit verschwand nicht. Sie wurde stärker. Sie versteckte sich in meinen Gedanken, in meinen Träumen, lauerte hinter jedem scheinbar normalen Moment.

Ich habe so lange geglaubt, dass ich das allein tragen muss. Dass ich zu schwach bin, weil ich es nicht schaffe, „normal“ zu sein. Aber weißt du, was das Schlimmste war? Ich fühlte mich schuldig. Schuldig für Dinge, die ich weder verursacht noch kontrollieren konnte. Schuld, weil ich überlebte, während mein inneres Kind starb.

Die ersten Schritte zur Heilung: Wie ich Hilfe fand

Es dauerte Jahre, bis ich den Mut fand, mir einzugestehen, dass ich Hilfe brauchte. Und noch länger, bis ich tatsächlich danach fragte. Der erste Schritt war der schwerste: jemandem zu sagen, dass ich nicht okay bin. Es war ein Freund aus der Feuerwehr, dem ich eines Tages davon erzählte. Ich hatte keine großen Erwartungen. Aber er hörte zu. Ohne zu urteilen, ohne zu unterbrechen. Und genau das war es, was ich brauchte – jemanden, der einfach da war.

Ich suchte schließlich professionelle Hilfe, begann eine Therapie. Am Anfang fühlte es sich an wie ein Sezieren meiner Seele. Jeder Termin war schmerzhaft, aber gleichzeitig ein bisschen befreiend. Ich lernte, meine Flashbacks zu verstehen, meine Trigger zu erkennen. Die Therapie wurde zu einer Art Werkzeugkasten, aus dem ich nach und nach alles herausholte, was ich brauchte, um meinen Alltag zu bewältigen.

Der Anker in der Natur: Wie ich meinen sicheren Ort fand

Neben der Therapie war die Natur mein größter Retter. Es klingt vielleicht banal, aber für mich war der Wald mehr als nur ein Ort – er war eine Zuflucht. Wenn ich dort war, schien die Welt ein bisschen langsamer zu drehen. Die Geräusche, die Gerüche, das Gefühl von Erde unter meinen Füßen – all das half mir, den Sturm in meinem Kopf zu beruhigen.

Es gab Tage, an denen ich nicht wusste, wie ich den nächsten Schritt schaffen sollte. Doch dann zog ich meine Schuhe an und ging einfach los. Im Wald konnte ich wieder atmen. Die Bäume verlangten nichts von mir, die Vögel beurteilten mich nicht. Es war ein Ort, der mich so akzeptierte, wie ich war – gebrochen, aber lebendig.

Ich erinnere mich an einen besonderen Moment. Ich saß an einem Bach und ließ meine Hände durch das kalte Wasser gleiten. In diesem Augenblick fühlte ich etwas, das ich lange nicht mehr gespürt hatte: Frieden. Es war, als hätte die Natur mir gesagt: „Es ist okay. Du bist okay.“

Mann in grauem Sweatshirt sitzt neben einem kleinen Feuer mit aufsteigendem Rauch.
Ein Mann und eine Frau posieren für ein Selfie mit einer Berglandschaft im Hintergrund.

Die Bedeutung der Gemeinschaft: Menschen, die bleiben

Ich habe gelernt, dass ich die Dunkelheit nicht allein besiegen kann. Es gab Menschen, die mir zur Seite standen, als ich es am meisten brauchte. Einige von ihnen blieben, andere nicht. Aber die, die blieben, sind mein Anker. Sie fragten nicht, warum ich manchmal verstumme oder warum ich Menschenmengen meide. Sie nahmen mich, wie ich bin.

Und weißt du, was das Schönste war? Als ich begann, mich anderen zu öffnen, begann ich, mich auch selbst zu verstehen. Das Outing war für mich ein Wendepunkt. Es war nicht leicht. Manche reagierten mit Unverständnis, andere zogen sich zurück. Aber dann gab es diese kleinen Momente – eine Umarmung, ein aufmunterndes Lächeln, ein „Ich bin für dich da.“ Diese Momente waren es, die mich weitermachen ließen.

Die Magie der kleinen Schritte

PTBS ist nicht etwas, das verschwindet. Es ist ein Teil von mir, und ich habe gelernt, damit zu leben. Die Therapie, die Natur und die Menschen in meinem Leben – all das hat mir geholfen, aus der Dunkelheit herauszutreten. Aber es waren auch die kleinen Dinge: ein Spaziergang im Regen, ein gutes Buch, das ich in einer ruhigen Ecke lese, oder ein Moment, in dem ich einfach nur atme.

Ich habe gelernt, dass Heilung kein Ziel ist. Es ist ein Weg. Und manchmal ist es okay, langsamer zu gehen. Denn jeder Schritt, egal wie klein, bringt mich weiter.

Eine Botschaft für dich

Wenn du selbst mit PTBS kämpfst: Du bist nicht allein. Es gibt Tage, an denen alles hoffnungslos scheint, aber glaub mir, diese Tage gehen vorbei. Und da draußen gibt es Menschen, die dich verstehen und unterstützen wollen. Du musst nicht alles allein tragen.

Für Angehörige und Freunde: Seid geduldig. Hört zu, ohne zu urteilen. Eure Präsenz kann mehr bewirken, als ihr denkt.

Fazit: Licht in der Dunkelheit

PTBS hat mir vieles genommen, aber es hat mich auch stärker gemacht. Ich habe gelernt, dass Heilung nicht bedeutet, alles hinter sich zu lassen, sondern einen Weg zu finden, damit zu leben. Und vielleicht, nur vielleicht, ist es genau dieser Weg, der uns zeigt, wie stark wir wirklich sind.

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